Abenteuer pur: fünf Tage, 40 Kilometer Karpfen-Kanutrip mit David Rosemeier und Kai Thiry

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Abenteuer pur: fünf Tage, 40 Kilometer Karpfen-Kanutrip mit David Rosemeier und Kai Thiry

Was macht ein Angel-Abenteuer für dich aus? Weite, unberührte Landschaften? Wilde Fische? Einfach loszufahren und nicht zu wissen, was dich erwartet? Meinem Angelpartner Kai Thiry und mir geht es ähnlich. Bereits auf vergangenen Trips suchten wir unberührte, teils riesige Gewässer auf, erweiterten unseren anglerischen Horizont und versuchten, etwas Pionierarbeit zu leisten. Für das letzte Jahr planten wir einen besonderen Trip: Kanu-Karpfen, in einem südfranzösischen Fluss, der sich durch eine malerische Felsschlucht schlängelt. 

Frankreich lockt mit malerischer Umgebung

Planung ist das A und O

Die Vorfreude war grenzenlos, doch die Planung und Vorbereitung kostete uns so manchen Nerv. Dank Kais exzellenten Französischkenntnissen bekommen wir einige Mails und Telefonate später endlich die Reservierungsbestätigung für unsere Boote. Uns ist klar, dass die Franzosen ihre unberührte Natur im Canyon schützen wollen. Deshalb buchen vorsichtshalber den einen oder anderen Campingplatz als Zwischenstopp mit. Von Parkrangern im Natura2000 Gebiet hochgenommen zu werden, ist sicherlich kein Kavaliersdelikt und hätte die komplette Reise gefährdet.

Minimalistisch an den Start

Kommentarlos wird uns am Ausgangsort ein Plastikfass übergeben. Darin soll Proviant und Tackle für fünf Tage passen? Wir schauen uns ungläubig an, ehe wir unser Tackle zum dritten Mal ausdünnen. Schlafsack, Iso-Matte, Essen, ein paar Bleie und Haken, Baits, Abhakmatte und zwei Ruten – mehr ist nicht drin. Nach einer holprigen Busfahrt den Fluss hinauf sind wir schließlich auf uns allein gestellt. Erst jetzt wird uns bewusst, dass unser Kanu-Abenteuer an manchen Stellen ganz schön gefährlich werden kann. Große Steine im Flussbett und Stromschnellen erwarten uns die gesamte Fahrt über. Sollte eines der Boote kentern, würden wir manches Tackle sicherlich nie mehr wiedersehen.

Volle Aktion - Doppelrun am Morgen

Doch die ersten Meter geht alles gut! Wir passieren den Eingang des Canyons und ich werde vor einem Wehr auf vorbeihuschende Schatten aufmerksam. Karpfen! Jede Menge. Sogar einen Koi kann ich entdecken. Der Platz schreit förmlich danach, von uns beangelt zu werden. Dass der erste Fisch der Tour nur wenige Minuten später wild im kristallklaren Wasser unter meinem Kanu kämpft, hätte ich mir niemals träumen lassen. Doch der Platz wirkte insgesamt sehr touristisch. Zahllose Badegäste tragen nicht gerade zum guten Image bei. So hatten wir uns unser Kanu-Abenteuer nicht vorgestellt. Also hieß es packen und zügig weiterfahren. Nach einem kurzen, nächtlichen Zwischenstopp auf dem Campingplatz waren wir dann bei Tagesanbruch wieder im Rennen. Ich platzierte meine Rigs entlang einer steilen Uferkante, Kai sucht mit der Taucherbrille nach krautfreien Stellen mitten im Fluss. Wir dösten gerade auf unserer Iso-Matte, da meldet sich erst meine und wenige Augenblicke später Kais Rute – Doppelrun! Langsam ließ ich mich in Richtung des Fisches treiben, während die Sonne zaghaft hinter den steilen Felswänden emporstieg. Was für ein unwirkliches Szenario und traumhafter Moment! Hätte ich ihn einfrieren können, um ihn immer wieder Revue passieren zu lassen, ich hätte es getan. Weniger traumhaft aber war allerdings der Baum, den mein Schuppi währenddessen aufgesucht hatte. Ich schnappte mir meine Taucherbrille, ließ die Rute bei geöffnetem Rollenbügel auf dem im Uferholz verkeilten Kanu zurück und tauchte dem Fisch entgegen. „Das ist ein guter“, schoß es mir durch den Kopf, als ich den ausgeprägten Nacken zum ersten Mal sah. Immer wieder musste ich an der Oberfläche Luft schnappen, doch das Schnur-Wirrwarr ließ sich einfach nicht lösen. Kurzentschlossen griff ich mir den Kescher und bugsierte den Fisch Unterwasser hinein. Mit dem Zähnen kappte ich die Schnur und ballte die Faust – dieser Fisch war mein! Auch Kai hat währenddessen Glück und empfing mich mit einem langen Schuppi am Ufer – was für ein erster Morgen! Bei Instant-Kaffee und trockenem Toast genossen wir für ein paar Minuten die Morgenstimmung, ehe es für uns weiter den Fluss entlang ging.

Abenteuer mit Höhen und Tiefen 

Wir hatten bereits die ersten Kilometer unseres Kanu-Abenteuers zurückgelegt, legten zahlreiche Zwischenstopps ein, bei denen wir weitere Fische entdeckten, und genossen die atemberaubende Landschaft. Doch Abenteuer sind bekanntlich nicht nur von Höhen geprägt. Als Kai am zweiten Morgen einen hübsch beschuppten Spiegler drillte, fiel mir auf, dass sein Kanu nicht mehr am Strand lag. Ungläubig schauten wir uns an. Das konnte uns doch niemand gestohlen haben! Und der Wasserpegel war konstant. Doch auch hinter der nächsten Flusskurve tauchte es nicht wieder auf. Klar ärgerten wir uns über die Unachtsamkeit, doch wir wollten uns die Freude über den ersten Spiegler nicht nehmen lassen. Nach einer kurzen Fotosession packten wir Kais Tackle in mein Boot und ich nahm die nächsten Flusskilometer mit dem überladenen Kahn in Angriff, während Kai hinterlief oder auch schwamm. Hinter einer Stromschnelle fanden wir zu unserem Glück Kais Kanu tatsächlich wieder, doch die Pechsträhne riss noch nicht ab. Beim Umladen der Boote fiel mir meine 200kg Nussschale auf den großen Zeh. Kai leistete erste Hilfe und am nahegelegenen Campingplatz versorgten wir die blutende Wunde und den zersplitterten Nagel. Was für ein Morgen!

Jede Etappe für dich im Detail zu beschreiben, würde viele Platz beanspruchen. Aus diesem Grund kürze ich den Mittelteil hier ab und nehme dich mit auf den letzten Zwischenstopp von Kai und mir: die Burg. Sie thronte auf einer beeindruckenden Felswand, direkt oberhalb unseres Flusses. Ich wusste bereits von vorangegangenen Schnorcheltouren, dass es hier Karpfen gibt, und wollte dem Platz deshalb unbedingt mit Kai einen Besuch abstatten. Wir fanden eine etwas tiefere Rinne im Flussbett und verteilten die Ruten strategisch, in der Hoffnung, dass die Fische an diesen entlang patrouillieren würden. Mit dem Wurfrohr verteilten wir zudem einige Boilies. Erschöpft liessen wir uns im Schatten nieder und freuten uns auf ein paar ruhige Stunden an dieser bildhübschen Stelle. Doch die Ruhe währte nur kurz. Von jetzt auf gleich fielen die Karpfen über unsere Montagen her. Im Kanu mit krummer Rute sitzend direkt unter einer Burg zu drillen - das ist wirklich ein besonderes Erlebnis! Erst recht, wenn man sich unmittelbar nebeneinander im Doppeldrill befindet – was für ein Szenario. Wir fingen Schuppi auf Schuppi, doch der letzte Fisch kämpfte noch ausdauernder und kräftiger. Kai war gerade im nahegelegenen Dorf Proviant holen, da wurde ich von etwas unter meinem Boot hin und her über den Fluss gezogen. Zunächst genoss ich die Situation, liess immer wieder den Blick über die atemberaubende Landschaft schweifen. Ein lautes Platschen vor mir im Wasser liess mich aber aus den Tagträumen aufschrecken. Junge Franzosen nutzen die nächste Klippe als Sprungbrett, und der Fisch am Ende der Schnur steuert geradewegs darauf zu. Geistesgegenwärtig schloss ich die Bremse, klemmte die Rute zwischen meine Zähne und begann damit, gegen die Strömung anzupaddeln. Der Fisch folgte langsam dem Druck, und beim zweiten Kescherversuch erblickte ich einen wunderschönen, alten Schuppi, der den Burg-Pool wohl sein Zuhause nannte. Ich ballte die Faust gen Himmel – was für ein unvergessliches Abenteuer!

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